Am 11. November 2010 - 13:46 Uhr von Till Kreutzer Akteure: Schlagworte: Lizenz: 

Pro Presseverlage müssen mit Tonträger- und Filmherstellern gleichgestellt werden

Contra Die Leistungen der Presseverleger sind mit denen anderer Werkmittler nicht vergleichbar

„Wir wollen nicht mehr als das, was andere – nämlich Fernsehsender, Konzertveranstalter, Filmproduzenten, Datenbankhersteller und viele weitere Branchen – seit Jahrzehnten haben” (BDZV und VDZ in einer gemeinsamen Pressemitteilung). Die Presseverleger werden gegenüber anderen "Werkmittlern" wie Filmproduzenten, Tonträgerherstellern, Sendeunternehmen oder Konzertveranstaltern, benachteiligt, sie stehen rechtlich „nackt da” (Hegemann). 

Gleiches wird hier ungleich behandelt. Die Leistung des Presseverlegers ist nicht weniger schutzwürdig als die anderer Werkmittler. "Der Presseverleger schafft die Voraussetzung dafür, dass der journalistische Beitrag überhaupt Leser findet und Wirkung entfalten kann." (Hegemann).

Die Leistungen der Presseverleger sind mit denen anderer Werkmittler, die nach geltendem Recht Leistungsschutzrechte haben, nicht vergleichbar.

Anders als Presseverlage erbringen die Tonträger-, Film- oder Datenbankhersteller Leistungen, die sich von den zugrundeliegenden oder „vermittelten” Werken ohne weiteres unterscheiden lassen. Der Tonträgerhersteller hat Rechte an der Tonaufnahme. Die Tonaufnahme kann von der Leistung der ausübenden Künstler, also vom Gesang oder der Interpretation durch die ausübenden Künstler, sowie von den Werken der Musikurheber (Komposition, Liedtexte) unterschieden werden.

Die ausübenden Künstler haben ein Leistungsschutzrecht an ihrer „Darbietung“ eines urheberrechtlich geschützten Werkes. Der Gesang, die schauspielerische Leistung sind eigenständige Leistungen, die nicht mit der Komposition oder dem Drehbuch identisch sind. Der Filmhersteller hat Rechte am Masterbildträger, also an der gesamten Filmaufnahme. Diese kann ohne weiteres von den Leistungen der Filmschaffenden (Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor, Cutter usw.) unterschieden werden.

Kurzum: Alle anderen Inhaber eines Leistungsschutzrechts schaffen etwas, das nicht mit den zugrundeliegenden Inhalten oder deren Summe identisch ist, sondern als solches isoliert betrachtet und geschützt werden kann. Die Inhalte (Werke) selbst werden durch ihre Leistungsschutzrechte nicht berührt. Daher kommt es hier auch nicht zu Abgrenzungsschwierigkeiten oder Überschneidungen mit dem Urheberrecht. 

Bei den Presseerzeugnissen der Verlage ist das anders. Ein Text ist ein Text. Dadurch, dass er auf eine Webseite gestellt wird, entsteht nichts Weiteres, nichts Neues, mit anderen Worten: kein immaterieller Gegenstand der einem Recht zugeordnet werden könnte, das unabhängig von dem (Urheber-)Recht ist, das an dem Text ohnehin schon besteht.

Einzig die Aufbereitung der Texte durch den Verlag in einem Gesamterzeugnis könnte (ähnlich einem Tonträger) von den Einzelleistungen der Urheber unterschieden und einem eigenen Schutzrecht unterstellt werden. Ein solcher „Layoutschutz“ bzw. ein Schutz gegen die Verwendung der Gesamtausgabe ist jedoch nicht das, was die Verlage verlangen. Sie verlangen vielmehr ein Recht, das sich auch auf die einzelnen Inhalte erstreckt, indem es Schutz gegen die Übernahme der urheberrechtlich geschützten Texte, Bilder und anderen Werke verleiht, aus denen Zeitungen und Verlagswebseiten bestehen. Ein solches Leistungsschutzrecht würde die Urheberrechte an den Bestandteilen unweigerlich überlagern. Es ginge weit über das hinaus, was anderen Inhabern von Leistungsschutzrechten zusteht (Bitkom).

Ein solches Recht gibt es bislang nicht. Weder erstreckt sich das Recht der Tonträgerhersteller auf die Komposition oder die Darbietungen der ausübenden Künstler noch betrifft das Recht des Datenbankherstellers die in der Datenbank enthaltenen Inhalte und Daten.

Ein Leistungsschutzrecht, wie es die Verleger verlangen, ist daher gerade nicht vergleichbar mit den bestehenden Leistungsschutzrechten. Insofern können solche Rechte auch nicht herangezogen werden, um die Forderung der Presseverlage zu rechtfertigen.

Im Übrigen gibt es ohnehin kein „Gleichbehandlungsgebot“ bei der Gewähr von Leistungsschutzrechten. Im Gegenteil: Bei den bislang gewährten Leistungsschutzrechten handelt es sich um Ausnahmen von der Regel, dass diejenigen, die urheberrechtlich geschützte Werke verwerten, Rechtsschutz nur dadurch erlangen können, dass sie sich von den Urhebern Nutzungsrechte einräumen lassen („abgeleitete Rechte“).  

Eigene Schutzrechte, die neben dem Urheberrechtsschutz bestehen, werden nur in seltenen Fällen gewährt, wenn dies dringend geboten, vor allem notwendig ist, um legitime Interessen der Leistungserbringer zu sichern, ohne hierbei in Rechte und Interessen Dritter unangemessen einzugreifen. Dies ist bei den Presseverlegern, die durch die abgeleiteten (Urheber-)Rechte umfassend geschützt werden, nicht der Fall.  

Vor diesem Hintergrund erklärt sich, dass den Presseverlegern auch in anderen Ländern keine den Rechten von Tonträger- oder Filmherstellern vergleichbare Leistungsschutzrechte gewährt werden. Zudem haben auch viele andere „Werkmittler“, die dafür sorgen, das urheberrechtlich geschützte Werke genutzt, aufgefunden oder (effizienter) rezipiert werden können, keine eigene Leistungsschutzrechte.

Das sind im Online-Bereich zum Beispiel die Suchmaschinenbetreiber, News-Aggregatoren oder sonstige Mehrwertdienstleister sowie Online-Stores (wie iTunes) und Streaming-Dienste. Obwohl auch sie viel Geld in Infrastruktur und die Aufbereitung von Werken und Inhalten investieren und diese Investitionen ganz wesentlich zur Vermittlung und Wahrnehmung von geistigen Schöpfungen beitragen, stehen ihnen keine Leistungsschutzrechte zu.

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